Journalistenpreis „medienspiegel“ für Main Post und Braunschweiger Zeitung

Preis für transparenten Journalismus

Gleich zwei Sieger gibt es in diesem Jahr beim Journalistenpreis „medienspiegel – Preis für transparenten Journalismus.“. Preisträger sind die Main Post für ihre Berichterstattung zur „Messerattacke in Würzburg“ und die Braunschweiger Zeitung für ihren Podcast „Zwischen den Zeilen“. Mit einem Sonderpreis des Medienspiegels wurde der Mannheimer Morgen für das Essay „Haben wir da etwas falsch gemacht?“ von Martin Geiger und die Züricher NZZ am Sonntag für den Beitrag „Die Flucht, die keine war“ von Peter Hossli, ausgezeichnet.

Dr. Sabine Roschke (stv. Vorsitzende der ITZ), Peter Hossli (NZZ am Sonntag), Tanja Reeve (Braunschweiger Zeitung), Ivo Knahn (Main Post), Martin Geiger (Mannheimer Morgen) und der Sprecher der Jury, Thomas Hauser.   Foto: ITZ
Dr. Sabine Roschke (stv. Vorsitzende der ITZ), Peter Hossli (NZZ am Sonntag), Tanja Reeve (Braunschweiger Zeitung), Ivo Knahn (Main Post), Martin Geiger (Mannheimer Morgen) und der Sprecher der Jury, Thomas Hauser. Foto: ITZ

Der „medienspiegel“ wird jährlich von der Initiative Tageszeitung (ITZ) und der Vereinigung der Medien-Ombudsleute (VDMO) vergeben. Im Jahr 2016 hatte der „Verein zur Förderung der publizistischen Selbstkontrolle“ den undotierten medienethischen Preis ins Leben gerufen. Nach der Auflösung des Vereins haben im vergangenen Jahr ITZ und VDMO gemeinsam die Auszeichnung übernommen. „Ziel des Preises ist es, die Selbstreflektion, die Fähigkeit zur Selbstkritik und die Bereitschaft zur Transparenz in den Medien zu fördern und in der öffentlichen Wahrnehmung zu verstärken“, so die Ausschreibung.

Die Bewerbungen für den Preis hätten sich in diesem Jahr durch eine besonders hohe Qualität ausgezeichnet, berichtete Anton Sahlender, Vorsitzender der VDMO bei der Preisverleihung, die im Verlagsgebäude der Main Post stattfand. Dies und die Zahl von fast 30 Einreichungen zeige, dass die Idee einer selbstkritischen und ihre Arbeit transparent darstellenden Medienlandschaft immer mehr Gewicht bekomme. Auch in diesem Jahr hätte es wieder Einreichungen aus unterschiedlichsten Genres gegeben.

Das angesichts der Qualitätsdichte die Arbeit für die Jury nicht leicht gewesen sei, zeige auch die Entscheidung, erstmals den Preis zweimal zu vergeben, so die Sprecher der Jury, Monika Felsing, Feedback-Redakteurin des Weser-Kurier und Thomas Hauser, ehemaligen Chefredakteur der Badischen Zeitung Freiburg, bei der Preisverleihung. Die Jury habe sich nach imtensiver Diskussion für die zweimalige Vergabe in diesem Jahr entschieden.

Zum einen wurde die Main Post für ihre umfangreiche Berichterstattung zur „Messerattacke in Würzburg“, bei der ein psychisch kranker Mann aus Somalia drei Frauen getötet und mehrere Menschen verletzt hatte, geehrt. Die Main-Post habe umfangreich und ausführlich berichtet, ohne aber effektheischend und sensationsgetrieben zu arbeiten. In einer höchst aufgewühlten öffentlichen Stimmung habe sie sachlich und aufklärend auf verschiedenen Medienkanälen agiert und dabei auch ihre eigene Arbeit erklärt, sowie Zweifel und Diskussionen innerhalb der Redaktion transparent gemacht.

Eine weitere Trophäe ging an den Podcast der Braunschweiger Zeitung „Zwischen den Zeilen“ der Braunschweiger Zeitung. Die Autoren Tanja Reeve und Lukas Dörfler würden hier in vorbildlicher Weise die Arbeit der Redaktion erklären, handelnde Journalisten vorstellen, aber auch Zweifel und strittige Themen der Berichterstattung ansprechen. Dadurch werde in der Leserschaft Verständnis für die Medien geweckt und zur Transparenz beigetragen, so die Jury.

Selbstkritik und Reflektion würden das Essay „Haben wir da etwas falsch gemacht?“ von Martin Geiger vom Mannheimer Morgen prägen. Geiger habe sich dabei kritisch mit der -auch eigenen- Berichterstattung im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie auseinandergesetzt. Er habe über kontroverse Stimmen aus der Medienwissenschaft berichtet, Schwierigkeiten in der konkreten Situation beschrieben, eigene Zweifel geäußert und offene Fragen dokumentiert. Dadurch werde der schnell geäußerte Verdacht der „Lügen-“ oder „Regierungspresse“ entkräftet, zugleich aber auch Fehler oder falsche Entscheidungen eingeräumt und so journalistische Arbeit transparent und verständlich gemacht, meinte die Jury.

Ebenfalls einen Sonderpreis erhielt Peter Hossli von der Züricher „NZZ am Sonntag“ für seinen Beitrag „Die Flucht, die keine war“. In einer akribischen Recherche hatte er nachgewiesen, dass eine weltweit verbreitete Nachricht von einer „Massenflucht“ britischer Touristen aus der Corona-Quarantäne im Walliser Skiort Verbier schlichtweg falsch war. Besonders überzeugt habe die Jury nicht nur die investigative und aufklärende Arbeit, sondern auch die Herangehensweise. Hossli habe in dem Bericht auch erklärt, wie er vorgegangen ist, wo er Ergebnisse erzielt und wo er gescheitert ist. Dadurch habe er seine Arbeit transparent gemacht und die Leserinnen und Leser auf packende Weise mitgenommen, so die Jury.

Auch im nächsten Jahr wird wieder ein „medienspiegel – Preis für transparenten Journalismus“ ausgeschrieben. Ausgezeichnet werden im Jahr 2022 erschienene Veröffentlichungen, journalistische Produkte, Initiativen und Projekte, die in vorbildlicher Weise die öffentliche Aufgabe der Medien thematisieren, Abweichungen davon kritisieren oder besondere Potenziale im Bereich „Best Practice“ ins öffentliche Bewusstsein rücken, heißt es in der Ausschreibung. Einreichungen sind bis zum 28. Februar 2023 per Post an die Initiative Tageszeitung, Leinwebergasse 4-6, 60386 oder per Mail an info@initiative-tageszeitung.de möglich.